Drei Jahrzehnte zwischen Faszination und Verzweiflung
Mein Engagement in Somaliland seit 1989
In Somaliland, der unabhängigen Republik am Horn von Afrika, ist gegenwärtig ein Entwicklungsprozess im Gang, der sich an Dramatik, Widerspruch und Spannung kaum überbieten lässt. Während sich die kleine Schicht der Diaspora-Rückkehrer in der Hauptstadt Hargeisa recht gut eingerichtet hat, bleiben diese Privilegien dem grössten Teil der Bevölkerung verwehrt.
Die Menschen sind den Launen der Natur meist schutzlos und unvorbereitet ausgesetzt. Ihnen fehlen die nötigen Ressourcen, um sich zu wehren und nach einem Schicksalsschlag selbst wieder auf die Beine zu kommen. Die Folge eines Lebens ohne Zugang zu den entscheidenden Ressourcen ist unbeschreibliches Leid.
Mich bewegt zutiefst, dass es so viele Menschen gibt, denen es nicht möglich ist, aus eigener Kraft ein Leben in Würde führen zu können, weil sie keinen Zugang zu gerecht verteilten Ressourcen haben.
Sauberes, natürliches Trinkwasser ist ein Menschenrecht! Der tägliche Gang von tausenden von Müttern und Kindern zu verseuchten Teichen oder zu mit Brackwasser gefüllten Brunnen ist menschenunwürdig. Die Kindersterblichkeit, die auf verseuchtes Wasser zurückzuführen ist, sprengt unser Vorstellungsvermögen.
Der Boden in Somaliland ist weitgehend fruchtbar. Doch das Nomadenvolk der Somalis ist oder war traditionell ein Hirtenvolk – aber in den letzten Jahren findet ein Wandel zu mehr Sesshaftigkeit und Ansiedelung statt.
Dieser Strukturwandel ist für diese Menschen einschneidend. Das Prinzip von Saat und Ernte ist grossen Teilen von ihnen fremd. Den meisten ist die Vielfalt an Gemüse, Früchten und Getreide unbekannt. Von dessen Anbau ganz zu schweigen.
Mit, im Verhältnis zum Nutzen, wenig Aufwand, können diese Herausforderungen gemeistert und nachhaltige Lösungen geschaffen werden.
Dies sind nur zwei von vielen anderen Themen, die mich nach Somaliland gebracht haben und für die ich mich dort engagiere.
Weitere wichtige Themen, die angegangen werden müssen, sind: Schulbildung der Kinder, Arbeitsmöglichkeiten für Jugendliche, mehr Chancen und Rechte für die Mädchen und Frauen.
Somaliland bietet zurzeit eine schon fast historisch anmutende Möglichkeit, beim Aufbau dieses Landes entscheidend mitzuwirken. Die zurückkehrenden Kinder der Flüchtlinge von 1989 spielen dabei eine zentrale Rolle.
Diese einmalige Gelegenheit möchte ich mir, sollten wir uns nicht entgehen lassen.
Anthony Wernli